VORFREUDE IST DIE SCHÖNSTE FREUDE
Ein neues Kalenderblatt aufgedeckt, ist schon November. So viel ist passiert. Von der Arbeit verabschiedet, die Wohnung gekündigt und nun bleiben mir noch zwei Monate für die Vorbereitungen.
Schock, Unverständnis, Freude, Angst – alles ist dabei. Doch die meisten von euch wünschen mir Glück. Ich bin froh, dass alle hinter mir stehen. Ist das nicht das Wichtigste?! Der Abschied wird sau schwer! Ich überlege schon, ob ich mich nicht heimlich aus dem Staub machen soll – ein polnischer Abgang wie man so schön sagt. Aber das wäre nicht fair. Ohne ein paar Tränchen komme ich hier nicht weg. Vermutlich wird es ein lautstarkes Geheule, sodass mich die anderen Fluggäste mit mitleidigen Blick strafen werden, wenn ich seufzend und mit rot unterlaufenen Augen in den Flieger steige.
Mein Auto habe ich noch immer nicht verkauft. Das ist momentan die schwerste Entscheidung, zugegeben. Es hängt so viel daran: Flexibilität, Freiheit, ein Stück meines alten Luxus-Lebens, Erinnerungen an diverse Winterurlaube und nicht zu vergessen – es ist und bleibt mein absolutes Traumauto! Mein 18. Geburstag war nicht nur der wichtigste Tag meines Lebens, weil ich endlich offiziell Alkohol trinken durfte, sondern weil es Unabhängigkeit bedeutet hat. Auch wenn ich meinen Fahrlehrer verflucht habe, bin ich ihm dankbar, dass ich meinen Führerschein nach nur kurzer Zeit in den Händen halten durfte. Dieses kleine Kärtchen brauche ich nächstes Jahr erst einmal nicht mehr. Apropos, das erinnert mich daran, dass ich mir einen internationalen Führerschein zulegen muss. Soweit ich weiß, reine Formalität und jetzt auf einer meiner zahlreichen ToDo-Listen.
Ich genieße momentan meine neu gewonnene Freizeit, verzichte auf Auto und Straßenbahn und schlendere durch die Straßen der Stadt, die ich in kurzer Zeit hinter mir lassen werde. Auf dem Heimweg mache ich einen Abstecher durch den großen Garten. Er erstrahlt in herrlichen Farben. Es fühlt sich gut an. Ich weiß, ich mache das Richtige. Die Vorfreude ist riesengroß. Wo wird es mich überall hinverschlagen? Werde ich mit dem Geld hinkommen oder doch allein in der Ecke eines abgefuckten Hostels ohne Geld für den Rückflug sitzen? Ohne Scheiß, gerade ertönt:
„It’s not about the money, money, money“ (Price Tag von Jesse J feat B.O.B.) – ein Zeichen, wie ich finde 😀
Auf meiner ToDo-Liste für heute stand unter anderem: Kleinanzeigen. Einen Bruchteil meiner Besitztümer konnte ich schon inserieren: Meinen Esstisch (Ich glaube, ich habe vielleicht 10 Mal daran gegessen. Die restliche Zeit diente er als Ablage für sämtliche Utensilien, die ihren rechten Platz erst noch finden mussten), meine Kaffeemaschine (Die habe ich hauptsächlich für Gäste gekauft, Kaffee trinke ich selbst ja keinen), meinen Thermomix (Den habe ich von meiner Mama geschenkt bekommen und in den letzten fünf Jahren so gut wie nicht benutzt – aber unter uns – das Teil ist schon wahnsinnig cool, nur koche ich viel zu wenig) und ein paar Kleidungsstücke. 13:44 Uhr erreicht mich dann die Meldung, dass ab der 51. Anzeige innerhalb von 30 Tagen Gebühren anfallen. Gruzifix… Das hätte ich wissen müssen. Dann hätte ich lediglich meinen Kleiderschrank abfotografiert und nur Ort und Datum dazugeschrieben. Ein Flohmarkt oder besser gesagt eine offizielle Haushaltsauflösung in meiner eigenen Wohnung wäre vermutlich eh das Beste, um noch alles für einen guten Preis loszuwerden.